Legenden des Boxsports

Legenden des Boxsports

Auf dieser Seite stelle ich Boxer vor, die mich besonders beeindruckt haben.

Zum Ende hin wird es allerdings wieder auf ein großes Ereignis hinauslaufen, das in meiner Jugendzeit die Menschen weltweit wie durch einen großer Magneten vor die Fernseher zog, egal, ob es bei ihnen gerade 15 Uhr oder 3 Uhr in der Nacht war.

Aber fangen wir mit einem deutschen Kämpfer an!

Max Schmeling (*1905 +2005)

Der deutsche Sportler des Jahrhunderts

Es ist MAX, der von der Presse gewählte “Deutsche Sportler des [vorigen] Jahrhunderts”.
Er galt als der beliebteste deutsche Sportler, was sicherlich seinem fairen und bescheidenen Sportgeist ebenso zu verdanken war wie seinen sportlichen Leistungen.

Legenden des Boxsports: Max Schmeling

Ich bin ihm begegnet!

In meinen jungen Jahren als Boxer saß Max bei einer Veranstaltung in Hamburg am Ring, so dass ich ihm tatsächlich persönlich begegnet bin, dem einzigen deutschen Weltmeister im Schwergewicht (1930-1932)!

Weltmeister durch Disqualifikationssieg

Einen Makel hatte sein Titel, für den er aber nichts konnte, denn Max wurde nach einem klaren Tiefschlag von Jack Sharkey in der vierten Runde ausgezählt und regelkonform zum Sieger durch Disqualifikation seines Gegners erklärt!

Das hatte es noch niemals in einer Schwergewichts-WM gegeben.
Nach erfolgreicher und überzeugender Titelverteidigung gegen Young Stribling kam es zum Rückkampf gegen Sharkey, den dieser sehr umstritten nach Punkten gewann.

Schmeling vs. Louis

Aber erst nach dem Verlust seines Titels trat Max gemeinsam mit seinem Kontrahenten Joe Louis in die Kategorie der unvergesslichen Kämpfer ein.

Die Kämpfe der beiden wurden Meilensteine in der Geschichte der Schwergewichtsweltmeisterschaften. Unvergesslich.

Boxlegenden Joe Louis


Auch Joe Louis wurde Schwergewichtsweltmeister, aber Max und er hatten niemals direkt um den Titel gekämpft.

Der Ex-Weltmeister Max kam 1936 mit dem Schiff über den Atlantik, ausersehen als Opfer. Von Reportern nach seinen Chancen gefragt, meinte er nur:

“I have seen something…”

Später verriet er, dass er beim Studium der Filmaufzeichnungen von Louis` Kämpfen eine Schwäche in der Deckung seines Kontrahenten entdeckt hatte! Und er schaffte das Unmögliche! Nahm Treffer, um härtere Treffer zu landen. Plötzlich wackelten die Knie von Joe! “What a right hand!”, schrie ein anerkannter amerikanischer Boxexperte am Ring, als die Rechte von Schmeling einschlug.
Max knockte Joe in Runde 12 aus!
Am 19. Juni 1936 trauerte Harlem.

Max eine der seltenen Ausnahmen von Sportlern, denen es weitgehend gelang, sich einer politischen Instrumentalisierung weitgehend zu entziehen, aber natürlich wurde sein Erfolg umfassend zu Propagandazwecken ausgeschlachtet. Das hätte er kaum verhindern können. So lief der Film über seinen Erfolg, “Max Schmelings Sieg – ein deutscher Sieg” natürlich in den Kinos. [LINK]

Schließlich musste Max unter Beschimpfungen und Dosenwürfen als “Nazi-Boxer” zum Rückkampf gegen Joe am 22. Juni 1938 in den Ring das Yankee-Stadions in New York ziehen. Innerhalb einer Minute brach Joe ihm die Rippen und der Kampf war beendet.

Nach dem Krieg

Beide Boxer hatten nach dem Krieg alles verloren.
Joe Louis wurde durch Steuernachforderungen des Staates in die Armut getrieben.
Max und seine Ehefrau, die tschechische Filmschauspielerin Anny Ondra (es war 1933 die Traumhochzeit in Deutschland), hatten ihren Besitz in den deutschen Ostgebieten verloren.
Die beiden zogen später in die Nähe von Hamburg, wo Max die Generalvertretung von Coca-Cola aufbauen konnte. Mit Hilfe seiner amerikanischen Geschäftspartner war er bis zuletzt ein erfolgreicher Unternehmer.

Die Freundschaft zu Joe bestand bis zu dessen Tod im Jahre 1981.
Max unterstützte seinen ehemaligen Gegner finanziell und übernahm auch einen Teil der Bestattungskosten.

Max Schmeling die Ehre erweisen

Wer auf der Autobahn A1 zwischen Hamburg und Bremen unterwegs ist, der kann Max die Ehre erweisen. An der Abfahrt Hollenstedt abfahren, es sind etwa 2 Km bis zum Friedhof der Ortschaft. Jeder weiß dort, wo das Grab von Max und Anni ist.

Die “Amateure”

Wichtig! Wenn es um Weltklasse-Boxer geht, dürfen wir nicht den Fehler machen, uns nur im Profiboxsport umzusehen. Abseits von den (meist US-amerikanischen) Weltboxverbänden, bei denen die Show und das Geld den Sport dominieren, gibt es das Olympische Boxen, auch Amateurboxen genannt. Hier wird in drei Runden oft viel besserer Sport geboten als in manchen Profikämpfen über 12 Runden. Denn “die Amateure” sind oft die besseren Boxer.

Zwei Kubaner

Ich möchte gleich die nächsten beiden Elite-Boxer vorstellen, die jedem Profi das Fürchten gelehrt hätten. Beide kommen aus Kuba.
Boxen ist auf Kuba der Nationalsport Nr. 1 und der Nachwuchs der kubanischen Boxstaffel wird in Boxinternaten von klein auf bis zur absoluten Spitzenklasse entwickelt.

Eine andere Liga

Zum Vergleich: Wir trainierten als aktive Boxer in Lübeck zwei- oder dreimal wöchentlich für jeweils zwei Stunden und gingen am Wochenende auf die Laufstrecke. Das hielten wir damals für ein recht hartes Training.
Wer das Training in den kubanischen Box-Internaten gesehen hat, der weiß, dass hier in einer ganz anderen Liga geboxt wird. Die Schüler werden um 04.30 Uhr zur ersten Gymnastik und zum Laufen geweckt. Nach hartem Morgentraining geht es dann in die Schule. Danach wird das Training fortgesetzt. Wer sich ein Bild machen möchte, dem empfehle ich unbedingt den Dokumentarfilm “Sons of Cuba” (Die Söhne Kubas), den man im Internet abrufen kann. [LINK zu Amazon]

Boxlegenden - Amateure

Info im Westfernsehen? Fehlanzeige

Im (West-)Fernsehen gab es allerdings nur Berichte über Profikämpfe zu sehen, wenn man von den kurzen Berichten über die Boxturniere bei den Olympischen Spielen einmal absieht.
Vermutlich war es nicht gewollt, die Superstars im Ring zu zeigen. Denn die Spitzenboxer kamen fast ausschließlich aus kommunistischen Ländern. Ganz vorne natürlich Kuba, aber auch in der DDR wurden die Boxeliten systematisch ausgebildet. So war etwa “Traktor Schwerin” damals der erfolgreichste Boxverein der Welt. Aber wer wusste das schon im Westen?

Und so wurde ich eher zufällig auf einen der in dieser Zeit besten (wenn nicht DEN besten) Schwergewichtler der Welt aufmerksam:

Teófilo Stevenson (*1952 +2012)

Teófilo Stevenson

Ich sage es nicht zum ersten Mal: Das Fernsehen bestimmt oft, wie wir die Welt wahrnehmen – und wird daher auch immer wieder dazu missbraucht, uns zu manipulieren.

Boxen im Westen – Boxen im Osten

Das betraf in meiner Jugend sogar den Boxsport:
Im “Westfernsehen” zeigte man mitten in der Nacht die großen Ereignisse des Profiboxsports, während uns die großartigen “Amateure” der kommunistischen Regime weitgehend unbekannt blieben.
Im Osten war es genau umgekehrt. Dort kannten nur eingefleischte Boxfans die westlichen Profistars, während die großen (Staats-)”Amateure” des Ostblocks und Kubas verehrt wurden.

So nahm ich die Weltklasse der kubanischen Faustkämpfer auch erst nach und nach in ihrer Bedeutung wahr.

Begegnung mit Peter

Es begann mit einem Box-Länderkampf in Lübeck.

Als Jugendlicher war ich als Kartenabreißer an einem Nebeneingang der Hansehalle eingesetzt, als sich plötzlich die Sonne verdunkelte!
Denn vor mir stand ein gewaltiger Kerl, etwa zwei Meter groß und breit wie ein Schrank. Als ich nach oben schaute, erkannte ich, dass es sich um Peter Hussing (* 1948 +2012) handelte, der die Deutsche Nationalmannschaft im Schwergewicht vertrat.
Was für ein starker Boxer, dachte ich! Wer soll den besiegen?

Und tatsächlich! Die Karriere von Peter war beeindruckend:

  • 16 mal wurde er Deutscher Meister (von 1969-83 in Folge und 1985)
  • 1982 wurde er Weltmeister
  • 1979 Europameister
  • … und 1972 sah ich ihn im Fernsehen bei den Olympischen Spielen in München

Für mich stand fest: Das wird unser deutscher Olympiasieger im Boxen!

Es kam anders. Im Halbfinale traf Peter auf Teófilo Stevenson!
Während die erste Runde noch recht ausgeglichen schien, startete Teófilo in Runde 2 sofort durch und der Kampf endete unerwartet schnell durch K.o., nachdem Peter vorher schon zweimal angezählt werden musste. [Hier gibt es den Kampf zu sehen]

Teófilo Stevenson, Nationalheld Kubas

Was war das für ein fantastischer Boxer!

Er wurde Olympiasieger und alle seine Gegner sahen nach ihren Niederlagen ein wenig wie zerknautschte Fußbälle aus, denen die Luft ausgegangen war.

Im Laufe seiner weiteren Karriere wurde er insgesamt drei Mal Goldmedaillengewinner bei Olympischen Spielen (1972, 76 und 80) und drei Mal Weltmeister (1974, 78, 86).

Niemals für Geld

Man bot ihm Millionen Dollar für Kämpfe gegen die Profiweltmeister Muhammad Ali, Frazier und Holmes. Aber Teófilo blieb der kubanischen Revolution treu und boxte niemals für Geld.
Staatschef Fidel Castro behandelte ihn wie seinen Sohn. Und Teófilo meinte zu den Angeboten der US-Boxmanager:

“Ich werde keine fünf Millionen Dollar gegen die Liebe von acht Millionen Kubanern tauschen.”

Ein großer Champion. Einen zweiten kubanischen Nationalhelden, den Félix, habe ich dann sogar live erlebt.

Félix Savón (*1967)

Als die Zeit des großen Teófilo ihren Zenit überschritten hatte, hatte Kuba schon den nächsten Schwergewichtler als Nachfolger parat: Félix Savón.

1995 durfte ich Félix Savón hautnah erleben, denn ich hatte es mir nicht nehmen lassen, zu den Finalkämpfen der Weltmeisterschaften zu fahren, die in diesem Jahr in Berlin stattfanden.

Boxlegende Savon

Neben der Trainerlegende

Ich hatte meinen Sitzplatz in unmittelbarer Nähe des kubanischen Blocks und oft saß direkt neben mir die kubanische Trainerlegende Dr. Alcides Sagarra Carón, der nach den Erfolgen seiner Mannschaft “El Maestro”, der Meister, genannt wurde.
Man sagt, dass dieser Mann das Boxen zur Wissenschaft gemacht hat. Unter seiner Leitung errang das kubanische Team 32 olympische Goldmedaillen und 63 Weltmeistertitel der Männer, sowie 64 Weltmeistertitel der Junioren.

Sagarra “trainiert” Staatspräsident Fidel Castro,
Quelle: “Zeitung der Arbeit”

Aber das nur nebenbei. Gespannt wartete ich auf das Finale im Schwergewicht zwischen Félix und Luan Krasniqi, der für das deutsche Team startete.

Luan hatte im Viertelfinale immerhin Wladimir Klitschko besiegt, der später Olympiasieger und danach Profiweltmeister wurde.
Zehn Jahre später wurde der aus dem Kosovo stammende (aber die deutsche Staatsangehörigkeit besitzende) Luan dann sogar schon als Nachfolger von Max Schmeling gehandelt. Er sollte am 100. Geburtstag von Max Weltmeister werden, verlor aber gegen Lamon Brewster in Runde 9.

Was ich nun erleben durfte, hatte ich noch nie gesehen:

Félix spurtete die Ringtreppe hoch, sprang über die Ringseile und landete unter lautem Krachen der Holzbohlen in Boxstellung fast in der Mitte des Ringes!
Was für ein Auftritt!

Im Kampf selbst ließ er Luan nicht den Hauch einer Chance und lag in der Trefferwertung bereits uneinholbar vorne, als er mit einem harten Schlag den Träger des Sporttrikots von Luan zerfetzte! Nach dem provisorischen Flicken des Hemdes ging es weiter. In Runde 2 stoppte der Ringrichter den ungleichen Kampf und erklärte Félix zum Weltmeister.

Félix gehört zu den drei Boxern, denen es gelungen ist, drei olympische Goldmedaillen (1992, 1996, 2000) zu erringen (neben Teófilo und dem Ungarn László Papp).
Vielleicht hätte er sogar 1988 noch einmal Gold geholt, aber die Spiele in Seoul wurden von Kuba boykottiert. Den späteren Goldmedaillengewinner hatte er in einem Länderkampf vor den Spielen immerhin eindeutig besiegt.

Außerdem holte er sechs WM-Titel (1986, 89, 91, 93, 95 und 97).

Was für ein Fighter!

Sugar Ray Robinson (*1921 +1989)

Kommen wir zum nächsten Superstar!

Eigentlich trug Sugar Ray Robinson den Namen Walker Smith jr. und er war ein recht schmächtiger und als “süßes Kind” bezeichneter Junge, der nach dem Willen seiner Mutter Arzt werden sollte. Allerdings hatte Walker selbst andere Ziele. Er wollte nicht mehr “der Süße” sein, sondern Boxer werden.

Drei Jahre wollte er nicht warten

Mit 15 Jahren verließ er die Schule, durfte allerdings nach den damaligen Regeln erst im Alter von 18 Jahren boxen. So besorgte er sich von seinem Kumpel Ray Robinson die Geburtsurkunde und bekam unter dessen Namen die Boxlizenz.

“Sugar Ray” bestritt als Amateur 85 Kämpfe, die er alle gewann, davon 69(!) durch K.o. und davon wiederum 40 in der ersten Runde! Er war im Weltergewicht unschlagbar.

1940 wechselte er ins Profilager und bestritt in den folgenden 25 Jahren seiner Karriere über 200 Kämpfe!
Er war ein guter (Step-)Tänzer und seine Beweglichkeit ließ sein hartes Boxen wie ein leichtes Spiel erscheinen.

Aber das war es nicht.

Sugar Ray Robinson

Eine Tragödie

In der Nacht zum 25. Juni 1947 hatte er davon geträumt, seinen Gegner am folgenden Abend im Ring totzuschlagen. Er wollte den Kampf am liebsten absagen, aber mit der Begründung eines schlechten Traumes war das unmöglich.

So trat er gegen Jimmy Doyle an und schlug ihn in Runde 8 K.o.
Wenige Stunden danach starb Doyle an den Folgen des Kampfes.
Nach diesem dramatischen Geschehnis dachte “Sugar Ray” über das Ende seiner Karriere nach, boxte aber dennoch weiter.
Die vier Folgebörsen trat er an die Mutter seines verstorbenen Gegners ab.

Die einzigen Niederlagen erlitt er bei seinen Versuchen, Weltmeister in den höheren Gewichtsklassen zu werden. Im Mittelgewicht gelang ihm trotzdem mehrfach der Titelgewinn, jedoch nicht im Halbschwergewicht.
Legendär waren seine insgesamt sechs Kämpfe (u.a. um die WM im Mittelgewicht) gegen Jake LaMotta. Gegen den schwereren LaMotta musste er dabei nur einmal den Ring als Verlierer verlassen.

Nach Jake LaMotta (*1922 +2017) und dessen Kämpfen wurde der wohl beste Hollywood-Film über das Boxen gedreht, nämlich “Raging Bull” (“Wie ein wilder Stier”).

Der nicht gerade für seine Bescheidenheit bekannte Muhammad Ali räumte ein:

“Ich war der größte Schwergewichtler aller Zeiten, aber Sugar Ray war der Größte aller Zeiten!

Und Jake LaMotta meinte:

“Sugar Ray war der größte Kämpfer, der jemals gelebt hat. […] Ich war der erste, der ihn geschlagen hat. […] Ich kämpfte so oft gegen ihn, dass ich mich wundere, kein Diabetes bekommen zu haben.”

Auch das “Ring Magazine” führt Sugar Ray seit langer Zeit als den besten Boxer aller Zeiten.

Muhammad Ali (1942–2016)

Ich kann nicht alle großen Kämpfer aufzählen, die tiefe Spuren in der (Box-)Welt hinterlassen haben. Aber für IHN muss ich eindeutig den meisten Platz in diesem Kapitel reservieren!

Den “Größten aller Zeiten“! Zunächst trat er als Cassius Clay in Erscheinung.

Gerade hatte ich noch über Sugar Ray Robinson berichtet, der nach Meinung vieler Experten der beste Boxer war, den man je im Ring gesehen hat. Wie kann es neben ihm also einen noch einen Größeren geben?
Es gibt ihn – und gegen ihn ist selbst Sugar Ray ein Zwerg!

G.O.A.T. – Greatest of all times

Denn seine Bedeutung beschränkte sich nicht auf den Bereich des Ringes, sondern sie strahlte weit darüber hinaus! Jeder kannte ihn, ob Boxfan oder nicht, denn er war nicht nur ein Professor des Faustkampfes, sondern ein Philosoph, der eine ganze Generation prägte! Der Ring war nur die Bühne, auf der er sich der Welt präsentierte.

“Ich brauche das Boxen nicht, das Boxen braucht mich!”

Muhammad Ali, G.O.A.T. (Greatest of all times)

Und so war es. Wir alle wollte ihn sehen! Sogar Nachts um drei!
Manche wollten “das Großmaul” verlieren sehen. Aber die meisten liebten ihn.

Niemals werden diese Zeiten wiederkehren. Ich habe sie erlebt. Das Warten auf ihn nach stundenlangem Vorprogramm. Nur keine Sekunde verpassen!

Cassius Clay nahm nach seinem Übertritt zum Islam den Namen Muhammad Ali an. Aber bis er seinen größten Ruhm erlangte, war es ein weiter Weg. Und der begann unter seinem ursprünglichen Namen.

Vor dem Beginn seiner großartigen Karriere im Schwergewicht gewann er als Amateur sämtliche nationalen Titel der USA und startete 1960 bei den Olympischen Spielen, wo er die Goldmedaille im Halbschwergewicht erkämpfte.
Für die meisten Sportler wäre mit einem Olympiasieg der kühnste Traum ihres Lebens in Erfüllung gegangen, für Cassius war es nur der erste Schritt auf dem Weg in eine Zukunft, die ihn zum “bekanntesten Gesicht der Welt” machen würde.

Rom 1960, Gold für Cassius Clay

“Unmöglich” ist nichts als ein großes Wort, das kleine Leute verbreiten, die es einfacher finden, in einer Welt zu leben, die ihnen vorgesetzt wird, statt ihre Macht zu erforschen, die sie hätten, diese Welt zu ändern.

Muhammad Ali

Im Laufe seines Lebens sollte uns dieser Mann beweisen, wie viel in einem Leben möglich ist.

Cassius Clay wird Profiboxer

Es war bereits unglaublich, dass Cassius im Alter von 18 Jahren die Goldmedaille im Halbschwergewicht gewonnen hatte, denn in diesem Alter ist man im Boxen noch lange nicht auf dem Höhepunkt der körperlichen Möglichkeiten angelangt.
Aber das, was andere (oft vergeblich) als absolutes Ziel ihrer Sportkarriere anstreben, war für ihn erst der Anfang.

Die Geschichte geht weiter – Cassius Clay wird Profiboxer…

Nicht vor Apartheid geschützt

Nach dem Titelgewinn musste er in seiner Heimatstadt Louisville erfahren, dass er trotz des Erfolges immer noch ein Schwarzer war, der nicht die gleichen Rechte wie ein Weißer hatte.
Mit stolz um den Hals gehängter Goldmedaille wollte er mit Freunden in einem Restaurant seinen Sieg feiern – wurde jedoch aufgrund seiner Hautfarbe an der Tür abgewiesen.
War das ein Schlüsselerlebnis, das ihn später zu einem der wichtigsten Kämpfer für die Emanzipation der Afroamerikaner machte?
Es hielt sich das Gerücht, Ali hätte nach diesem Vorfall seine Medaille in den Ohio River geworfen…

Auf dem Weg zum Titel

Der Olympiasieg eröffnete ihm allerdings schnell den Weg ins Profigeschäft und eine Gruppe wohlhabender (weißer) Geschäftsleute sorgte für seinen erfolgreichen Start als Profi.
Nach einem K.o.-Sieg über Europameister Henry Cooper wurde er bereits Anfang 1964 als Herausforderer des Weltmeisters Sonny Liston benannt.

Das war sicherlich nicht allein seinen sportlichen Leistungen zu verdanken, sondern seiner einmaligen Art, sich in der Öffentlichkeit in Szene zu setzen. Er machte eine Show wie niemand je zuvor und sorgte so für das Interesse der Presse und des Publikums.
Schnell bekam er den Spitznamen “Großmaul”. Mit diesem “Maul” (und seinem Können) wurde er der erste Sportler, dessen Gagen später in die Höhe von einigen Millionen US-Dollar gingen.
Schon vor dem Kampf verspottete er Liston als “hässlichen Bären” und “Verlierer”.

Die Wetten standen 7:1 gegen ihn, als er gegen Liston antrat. Liston galt als Kämpfer der Mafia.

Der Fight

180 Millionen Menschen verfolgten den Titelkampf, ein neuer Rekord.

Liston griff von Anfang an hart an.
Cassius boxte trotzdem praktisch ohne Deckung und wich jedem Schlag durch schnelle Beinarbeit und seinen beweglichen Oberkörper aus. Die heftigen Attacken gingen ins Leere.
Erst in Runde 3 griff er schließlich selbst an und versetzte Liston einen Cut.
Nach Runde 4 wollte Cassius plötzlich aufgeben, da er nicht mehr sehen konnte! Er hatte vermutlich eine reizende Substanz in die Augen bekommen und es kam das Gerücht auf, dass die Ecke seines Gegners eine derartige Substanz auf Listons Handschuhe gebracht hatte.
Fast blind soll sich Cassius durch Runde 5 gekämpft haben, aber in der 6. Runde waren seine Augen nach einer kräftigen Spülung wieder in Ordnung.
Nach Ablauf der 6. Runde trat Liston nicht mehr an!
Er gab eine Schulterverletzung als Grund an.

Cassius Clay war neuer Weltmeister im Schwergewicht! Unglaublich!

“Ich bin der Größte! Ich habe die Welt geschockt!”

Cassius Clay

Es war zugleich sein letzter Kampf als Cassius Clay…

Der Champ wird eine politische Figur

Sofort nach dem Gewinn des Titels outete sich Cassius als Mitglied der “Nation of Islam” und nahm den Namen Muhammad Ali an.
Das sorgte für weitere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, denn Ali zeigte sich von nun an auch sehr oft in Gesellschaft des für seine extremistischen Ansichten bekannten Malcolm X und vertrat mit diesem den Gedanken einer Rassentrennung.
Es bewies seine Klugheit, dass er mit seinem Bekenntnis gewartet hatte, bis er auf dem Thron stand. Denn seine Entscheidung spaltete die Boxfans und vielleicht hätte man ihm vor dem Titelkampf Steine in den Weg gelegt, wenn man von seiner Entscheidung etwas geahnt hätte?
Der Weltmeister im Schwergewicht wurde auf einen Schlag zur politischen Person!

War Ali ein Rassist?

Ich hatte in den langen Jahren meiner Beobachtung von Ali nie den Eindruck, dass er als Rassist auf andere Menschen herabschaute. Nein, er liebte die Menschen, aber er glaubte an eine schwarze Gesellschaftsordnung, die sich selbst verwaltete.
Besonders deutlich wurde er in seinem berühmten BBC-Interview von 1971, wo er die Meinung vertrat, dass Angehöriger gleicher Rassen und Kulturen besser miteinander zusammenleben würden als gemischte Gesellschaften.
Sein neues Bekenntnis wurde nicht von allen positiv aufgenommen.

Niemand konnte ihn (im Ring) stoppen!

Eintrittskarte Muhammad Ali gegen Sonny Liston
Muhammad Ali gegen Liston (Eintrittskarte)

Aber er ging seinen sportlichen Weg weiter und keiner konnte ihn stoppen:
Es kam zunächst zu einem Rückkampf gegen Sonny Liston, den er nach 105 Sekunden zu Boden brachte. Ein blitzschneller Schlag, den die meisten gar nicht gesehen hatten!
Mehrere Titelverteidigungen zeigten einen extrem schnellen Ali, der von seinen Gegner nicht zu treffen war, jedoch blitzschnell angreifen konnte. Sein Kampfstil war einmalig: Fast deckungslos spielte er mit seinen Gegnern und verließ den Ring stets ohne Blessuren.

“Ich fliege wie ein Schmetterling und steche wie eine Biene!”

Muhammad Ali

Einen so schnellen Schwergewichtler hatte die Welt noch nicht gesehen!

Doch dann geschah es:

Ali war auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit, mit jedem Kampf verdiente er Millionen – als er drei Jahre nach seinem spektakulären Titelgewinn denselben kampflos verlieren sollte…

Im Kampf gegen die Mächtigen

Im Jahre 1967, erteilte der beste Schwergewichtler der Menschheit eine große Lehre! Die Welt schaute auf ihn, als er in den Kampf gegen den Staat eintrat.

Er bekam seinen Einberufungsbefehl in die Armee der USA, die gerade den teuflischen Krieg in Vietnam führte. Ali verweigerte die Einberufung mit dem Hinweis auf seinen Glauben und Worten, die in die Geschichtsbücher eingingen:

“Nein, ich werde nicht 10.000 Meilen von zu Hause entfernt helfen, eine andere arme Nation zu ermorden und niederzubrennen, nur um die Vorherrschaft weißer Sklavenherren über die dunkleren Völker der Welt sichern zu helfen.”

Muhammad Ali

“Ich habe nichts gegen sie.

Kein Vietcong nannte mich jemals Nigger!”

Muhammad Ali

“I´m ready to die!” (“Ich bin bereit zu sterben!”)

Ali teilte mit, dass er bereit sei, für seine Überzeugung zu sterben oder ins Gefängnis zu gehen.
Daraufhin wurde er wegen Wehrdienstverweigerung zu fünf Jahren Gefängnis und 10.000 US-$ Strafe verurteilt, blieb allerdings gegen Kaution auf freiem Fuß.
Das Schlimmste war für ihn allerdings die Aberkennung seines Weltmeisterschaftstitels. Sein Reisepass war eingezogen worden, so dass er praktisch Berufsverbot hatte.

Er verlor Millionen

Er war zu dieser Zeit in der besten Form seines Lebens! Der Rechtsstreit kostete ihn Millionen US-$ und drei erzwungene Jahre der Boxabstinenz (bis 1970) ließen daran zweifeln, ob man Ali je wieder im Ring sehen würde.

Die Welt schaute auf ihn.

Er würde zurückkehren – und er würde unsterblich werden, ein Lehrer der Menschheit!

Ein harter Weg

Erst Anfang der 1970er-Jahre konnte Ali wieder an einem Comeback arbeiten.
Die verlorenen Jahre waren nicht spurlos an ihm vorüber gegangen.
Er war nicht mehr der schnelle Schmetterling wie vor ein paar Jahren, aber nach einigen harten Kämpfen bekam er endlich wieder die Chance, sich “seinen” Titel gegen den ebenfalls unbesiegten “Smoking” Joe Frazier zurückzuerobern.
Das Duell wurde zum “Kampf des Jahrhunderts” erklärt.
Konnte Ali den Titel zurückholen?

Der “Kampf des Jahrhunderts”

Es wurde ein schlimmer Schlagabtausch für beide Fighter, und Ali musste zum ersten Mal seine “Nehmerqualitäten” unter Beweis stellen. Die Zeit des Tanzens war vorbei.
Es war ein Drama, anzusehen, wie sich beide schädigten, und in der fünfzehnten – und letzten – Runde hielt das Publikum die Luft an: Nach einem hervorragenden linken Haken von Joe musste Ali zu Boden, stand jedoch sofort wieder auf und konnte den Kampf über die Runden bringen. Die Ali-Fans waren den Tränen nahe. Ihr Idol lag auf den Brettern und Joe hatte zu Recht nach Punkten gewonnen. Das Ende der Ära Ali schien nun endgültig besiegelt zu sein.

Die Gerechtigkeit siegte am Ende

Juristisch hatte Ali in diesem Jahr Erfolg.
Der oberste Gerichtshof der USA erkannte 1971 endlich die Gründe seiner Wehrdienstverweigerung an hob seine Sperre auf.
Ali war vollständig rehabilitiert.
Aber was nützte ihm das jetzt noch?

Ali gibt nicht auf

Ich hasste jede Minute des Trainings, aber ich sagte mir:

Gib nicht auf! Leide jetzt – und lebe den Rest deiner Tage dafür als Champion.

Muhammad Ali

Er hatte ein paar harte Kämpfe auszutragen, bis er wieder die Chance bekam, seine Niederlage gegen Joe auszubügeln. Es war wieder ein harter Kampf gegen Frazier, aber diesmal lag Ali auf den Zetteln der Punktrichter vorn.

Joe war endlich besiegt – aber Ali noch lange nicht am Ziel

Doch damit war Ali noch lange nicht am Ziel, denn zum Zeitpunkt des Revanchekampfes war Joe nicht mehr Weltmeister, sondern “BIG” George Foreman, der als der am härtesten schlagende Boxer der Welt galt.

Joe besiegt? Na und? “BIG” George hatte Joe zum Zwerg gemacht!

George hatte Joe Frazier den Titel abgenommen, aber auf eine Art, die Frazier wie ein Zwerg aussehen ließ: “BIG” George hatte Frazier in zwei Runden sechsmal (!!!) am Boden! Was für eine Urgewalt war dieser George!

Wer sich den kurzen, aber spektakulären Kampf ansehen möchte: Hier ist das Video
Es war unglaublich, was George mit Frazier gemacht hatte.
Mit diesem Frazier, der Ali alles abgefordert hatte!

Ein boxerischer Felsen stand vor dem Titel: BIG George, die nächste Legende!

“BIG” George Foreman (*1949)

BIG George Foreman
Foto mit freundlicher Genehmigung von “BIG” George Foreman

Ali musste gegen “BIG” George Foreman um die Weltmeisterschaft boxen.
Wie sollte er gegen ihn nur den Hauch einer Chance haben?
Gegen diesen jungen, so hart schlagenden Brocken, der Frazier wie spielend durch den Ring gejagt und niedergeschlagen hatte?

Nein, das war völlig unmöglich!

"BIG" George Foreman empfiehlt das Buch "BOX!" von Joachim Raeder
“BIG” George empfiehlt die Ur-Ausgabe meines Buches “BOX!”

Ali gegen Foreman: Kriegsdienstverweigerer gegen Patriot

Das war an Dramatik kaum zu überbieten! Der Kriegsdienstverweigerer Ali sollte gegen “BIG” George kämpfen. Gegen den Patrioten George, der bei seinem Olympiasieg 1968 stolz das Sternenbanner in der Hand schwenkte, als er auf der Siegertreppe stand.

Aber nun war der Krieg verloren. Vor einem Jahr hatte der letzte amerikanische Soldat Vietnam verlassen.

Rumble in the Jungle – Afrikas größtes Sportereignis

Der geplante Fight war für den schwarzen Boxpromoter Don King der Durchbruch, denn er vermarktete den Kampf unter dem Titel “Rumble in the Jungle” (“Schlägerei im Dschungel”) spektakulär:
Der Kampf würde die Schwarzen wieder in ihre alte Heimat führen, genauer gesagt an den Kongo.

Noch nie gab es ein nur annähernd vergleichbares Sportereignis in Afrika. Und Ali war der Superstar der Schwarzen!

Zaire war 1974 der Name der heutigen Demokratischen Republik Kongo, dessen Staatschef Mobutu den Kämpfern zehn Millionen Dollar Börse garantierte.

Die Spannung steigt

Die Gage und der Werberummel für den Kampf übertrafen alles bisher Dagewesene.
Die Weltpresse war vor Ort, es gab im Vorfeld ein Konzert schwarzer Top-Musiker wie Miriam Makeba, B.B. King, James Brown und vielen anderen.
Norman Mailer, ein weltbekannter Schriftsteller, war angereist, um die Kämpfer wochenlang zu begleiten. Er sammelte Stoff für über 250 Buchseiten (“The Fight” / “Der Kampf”).

Warten in Kinshasa

Am 25. September 1974 sollte das Ereignis stattfinden – aber George verletzte sich kurz vor dem Termin beim Sparring an der Augenbraue. Der Kampf musste um einen Monat verschoben werden.

Der Schicksalstag: 30. Oktober 1974

Am 30. Oktober war es endlich so weit!
Vier Uhr morgens im “Stadion des 20. Mai” in Kinshasa.
100.000 Zuschauer waren in dieser Nacht live dabei, die weltweite Übertragung über mehrere Satelliten erreichte Millionen Zuschauer, die das Spektakel am Fernseher verfolgten.

“Milliarden werden den Kampf sehen. Denn selbst die Toten werden aus ihren Gräbern steigen, um dabei zu sein!”

Muhammad Ali

Tränen für Ali

Es gab nur sehr wenige, die Ali eine Chance einräumten.
George war viel zu stark. Er hatte Joe Frazier aus dem Ring gefegt. Selbst in seiner Kabine hatte man Angst um Alis Leben, weil man wusste: Er würde den Kampf niemals freiwillig aufgeben. Eher würde er sterben.
Heimlich flossen Tränen in der Umkleidekabine, als Ali in den Ring gerufen wurde. Denn selbst seine treuesten Fans befürchteten, dass das Ende der Legende bevorstand.

Eine heiße Nacht

Als sich beide schließlich in der Ringmitte trafen, um die Anweisungen des Ringrichters entgegenzunehmen, lag die Lufttemperatur bei 30° C und die Luftfeuchtigkeit betrug 90%.

Und Ali schaute “BIG” George tief in die Augen und sagte:
“Du hast mich schon als kleines Kind im Ring gesehen und bewundert. Jetzt werde ich Dir zeigen, wer der Meister ist!”

Der Kampf der Kämpfe!

Joachim Raeder und BIG George Foreman
2013 verbrachte ich einen Nachmittag mit BIG George

Runde 1 in Zaire

Würde es eine Sensation geben?

Endlich war es soweit, gegen 04.30 Uhr Ortszeit ertönte in Kinshasa der Gong zur ersten Runde. Und sie sollte spannend werden!
Foreman drängte drei Minuten mit gewaltiger Macht auf Ali ein und seine Schläge versprachen nichts Gutes, obwohl nur wenige trafen.
Alis Schläge waren allerdings präziser und zur Überraschung aller schlug er sogar ein paar Mal ohne die Vorarbeit seiner Linken direkt mit der rechten Schlaghand zu – und traf!

Verzweiflung im Gesicht von Ali

Die erste Runde war überstanden, und nach dem Gong schien in Alis Gesicht Verzweiflung zu liegen, als er in den Ringsitz fiel. Er war sich bewusst, welche gewaltige Aufgabe vor ihm lag. Er musste sich motivieren!

Ali befeuert die Masse – “Ali bumaye!”

So erhob er sich schon nach einer halben Minute und feuerte die Menge an, die nun geschlossen hinter ihm stand!
Aus tausenden afrikanischen Kehlen röhrte es in den Nachthimmel: “Ali, bumaye!”
Nein, das war keine freundlich-faire Anfeuerung. Es hieß: “Ali, töte ihn!”

Es war eine Kriegserklärung an “BIG” George, der zwar dunkelhäutiger als Ali war, aber in dieser Nacht die Rolle des “Bösen” zu übernehmen hatte.

George liebt Deutsche Schäferhunde

Die Afrikaner hatten negativ registriert, dass er mit seinem Deutschen Schäferhund angereist war. Mit Schäferhunden hatten die belgischen Kolonialherren damals am Kongo die Schwarzen unter Kontrolle gehalten.

Ein Schlagabtausch mit George wäre das Ende für Ali gewesen

Ali hatte in Runde 1 gespürt, dass er niemals gegen George gewinnen würde, wenn er es weiterhin auf einen offenen Schlagabtausch ankommen lassen würde.
Er änderte spontan seine Taktik – und kämpfte an den Seilen! Ein riskantes Manöver, das in die Boxgeschichte als “rope a dope”-Taktik einging.
Jede Runde hing Ali ab jetzt für etwa zwei Minuten wie ein in den Wellen schwankendes Schiff in Seenot an den Seilen – und Foreman drosch auf ihn ein.

Eine schmerzhafte Taktik

Sicherlich war es eine schmerzhafte Taktik, denn ab und an kam George mit heftigen Schlägen zum Körper durch. Aber Ali sagte nach einem solchen Treffer nur: “Ist das alles, was du kannst, George?”
Und George schlug und schlug…

Runde 5: “BIG” George verlassen die Kräfte

In der Hitze der Nacht war das sehr, sehr anstrengend.
Bis in Runde 5 zitterten die Massen noch um Ali, der scheinbar müde in den Seilen hing und von George mit Schlägen eingedeckt wurde. Aber gegen Ende der Runde schien sich das Blatt überraschend zu wenden.
George schien erschöpft zu sein. Die Schläge waren nicht mehr so präzise – und plötzlich, gegen Ende der Runde, kam Ali aus den Seilen! Mit drei oder vier guten Kombinationen überraschte er George und das Publikum sichtlich. Er traf schnell und genau, wie in alten Zeiten!

Impossible is nothing!

Ab jetzt schien das Wunder möglich – und in Runde 8 wurde es wahr!
Es war fast eine Wiederholung von Runde 5, nur dass George noch erschöpfter war und die Schläge von Ali noch genauer trafen. Auf den Punkt!
Jeder Boxfan kennt die Szene, wie George nach vielen schnellen und präzisen Treffern zu Boden geht.
8…9…Aus!
Das Wunder war geschehen.
Die ganze Welt hatte es live miterlebt.
Der König war zurück!

In einem unglaublichen Kampf hatte er sich “seinen” Titel wieder erkämpft.
Es war der absolute Höhepunkt der Karriere von Muhammad Ali und das dramatischte Sportereignis aller Zeiten. Der Kampf der Kämpfe!

40 Jahre später: Ich unterhalte mich mit “BIG” George Foreman über den Kampf der Kämpfe

Nach dem Kampf in Zaire

Es war eine “heilige Nacht”, dieser 30. Oktober 1974 am Kongo.
Es war ein weiterer Höhepunkt in der Geschichte des Boxsports.
Die Fackel in der schwarzen Hand der Nationalfahne Zaires schien heller zu brennen.

Die Macht des Glaubens an seinen Gott und an sich selbst hatte Ali beflügelt: “Seht her, nichts ist unmöglich!”

Das Meisterwerk war vollendet

Er hatte es bewiesen in dieser Nacht, in der sich die Sinnesorgane eines großen Teils der Menschheit auf eine Ringfläche von etwa sechs mal sechs Meter konzentrierten. Wer es gesehen hatte, musste sich vor Ali verneigen. Er hatte sein unübertreffliches Meisterwerk abgeliefert.

Unmöglich?

Der Sieg Alis über George Foreman schien so unmöglich wie 2000 Jahre zuvor der Sieg der Germanen gegen drei römischen Legionen in der Varusschlacht.

Ein Zeichen Gottes?

Wie von göttlicher Macht gesteuert ging kurz nach dem Ende des Kampfes der lang erwartete Monsunregen über dem “Stadion des 20. Mai” nieder. Die Umkleideräume der Kämpfer waren in kurzer Zeit überflutet.

Wollten die Wassermassen einen Schlussstrich unter das “Kapitel Ali” ziehen?
Wollten sie ihm sagen: “Es ist genug! Du hast uns alles bewiesen!”

Ali kämpfte weiter.

Ein Jahr später verschliss Ali seine restlichen Kräfte bei seinem dritten mörderischen Kampf gegen Joe Frazier, ausgetragen in Manila bei 40° Celsius.
Joe kam zur fünfzehnten und letzten Runde nicht mehr auf die Beine und gab auf. Ali erlitt nach dem Sieg einen Kreislaufzusammenbruch.
Beide waren durch die Hölle gegangen.

Ali verlor seinen Titel schließlich gegen Leon Spinks, einen Olympiasieger, der noch nicht sehr lange Profi war – und holte sich den Titel von ihm 1978 zurück.
Damit hatte er bereits zweimal das Gesetz des “they never come back” durchbrochen.

Aber die Kämpfe waren nicht mehr schön.
Ende 1981 beendet Ali seine Karriere endgültig.

Die Krankheit

Seine Aussprache war bereits zu dieser Zeit verwaschen, und 1984 erhielt er die Diagnose: “Parkinson-Syndrom”.

Sein Körper verfiel zitternd von Jahr zu Jahr, während sein Geist immer noch wach war.
Es war ein langer Abschied vom Größten aller Zeiten.
Er starb am 3. Juni 2016 in einem Krankenhaus.

Ali lebt in uns weiter!

“Wenn ich in diese Menge schaue, dann muss ich lächeln. Ich lächle, weil ich weiß, dass er nicht wirklich gegangen ist, er lebt in uns weiter”

Tochter Rasheda Ali-Walsh (bei der Beerdigung)

Nach dem großen Kampf am Kongo wurden ihm alle Ehren zuteil:

  • Von “Sports Illustrated” wurde er 1974 zum “Sportler des Jahres” gewählt.
  • Bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta entzündete der am ganzen Körper zitternde Ali die Flamme. Nicht nur dem US-Präsidenten standen die Tränen in den Augen.
  • Im Verlauf der Spiele wurde Ali eine Neuprägung seiner Goldmedaille von 1960 durch den IOC-Präsidenten überreicht.
  • 1999 wählte ihn das Internationale Olympische Komitee zum “Sportler des Jahrhunderts”
  • 2005 wurde ihm die höchste zivile Auszeichnung der USA, die Freiheitsmedaille, überreicht.

Eine Persönlichkeit wie Ali prägt eine ganze Generation! [LINK]

Der 30. Oktober wird für mich immer ein Gedenktag bleiben.

Am liebsten würde ich um 04.30 Uhr die Fenster aufreißen, die Musikanlage aufdrehen und “In Zaire” abspielen. Aber man kann sich auch einfach vor den Fernseher setzen.
Dort kann das große Ereignis immer wieder bestaunt werden.

Und wie ist es BIG George ergangen?

Der Titel war weg

Nach dem Kampf am Kongo hörte man ein paar Jahre lang nicht mehr viel über BIG George Foreman. Die völlig unerwartete Niederlage hatte ihn auch seelisch hart getroffen. Ohne Titel kehrte er nach Texas zurück.

Eine persönliche Begegnung mit BIG George Foreman

Ich hatte die große Ehre, einen ganzen Nachmittag mit diesem äußerst sympathischen Menschen zu verbringen. Wir trafen uns am 31. August 2013. Fast vierzig Jahre waren seit dem großen Kampf vergangen. Wie es zu dem Treffen kam, will ich kurz erzählen:

Die Welt ist klein

Mein Kollege Bernd und BIG George sind beide Liebhaber Deutscher Schäferhunde. Bis zu diesem Tag wusste ich nicht, dass sich die beiden kannten. Eines Tages kam Bernd in mein Büro und überreichte mir ein Präsent von George! Ich konnte es nicht fassen. Es war ein Poster mit besten Wünschen vom Champ für mich!

Wünsche von BIG George Foreman
Beste Wünsche für mich von BIG George

Natürlich wussten meine Kollegen alle von meiner Begeisterung für das Boxen.

BIG George schreibt einen Artikel für mich

Ich bedankte mich bei George und so kam ein erster eMail-Kontakt zustande. Tatsächlich erklärte sich George sogar bereit, einen kleinen Artikel für meine Sammlung von Boxgeschichten in meinem Buch “BOX!”, zu verfassen.

BIG George kommt nach Kassel!

Und dann tauchte Bernd Ende August 2013 bei mir im Büro auf und ließ beiläufig die Bemerkung fallen, dass BIG George am Wochenende in Kassel sei! Dort fand ein großes Treffen der Schäferhundfreunde statt. Ich überlegte nicht lange und machte meine BMW klar, mit der ich am Sonnabend die 370 Km von Lübeck nach Kassel fuhr, um BIG George zu treffen.

Vor dem Start zu meinem Treffen mit BIG George Foreman. Das Motorrad ist bereit.
Das Motorrad ist startklar für die Fahrt nach Kassel

Als ich ankam, saß George im Stadion ganz vorne als einer der Bewertungsrichter für die Schäferhunde, die an ihm vorbei geführt wurden.

Wie alte Freunde

Als er mich sah, stand er auf und umarmte mich wie einen alten Freund! Er ließ sich viel Zeit für meine Fragen über den Kampf und seine Zeit danach.

Sportfreunde: BIG George Foreman und Joachim Raeder
BIG George und ich

Er erzählte, wie er nach dem Verlust des Titels in ein tiefes Loch gefallen war.

“Als ich nach Afrika fuhr, hatte ich hunderte Freunde. Als ich zurückkehrte, nur noch einen: Das war mein Schäferhund.”

BIG George Foreman, bei unserem Treffen

Die Legende lebt!

BIG George hatte die anderen Hauptpersonen alle überlebt: Seinen Gegner Muhammad Ali (+2016), Ringrichter Zack Clayton (+1997), seinen Trainer Archie Moore (+1998) und den von Ali, Angelo Dundee (+2012)

Eine ungewöhnliche Karriere

Seine Profikarriere begann, wie bei Ali, im Jahr nach seinem Sieg bei den Olympischen Spielen. 1968 hatte er die Goldmedaille im Schwergewicht errungen.
Der spektakuläre Kampf gegen Joe Frazier sicherte ihm den WM-Titel 1973, bevor ihn nur ein Jahr später Muhammad Ali in Kinshasa entthronte.
1977 hatte er dann nach einer weiteren Niederlage die Handschuhe an den Nagel gehängt und betätigte sich als Priester in einer christlichen Gemeinde.

Und noch ein unglaubliches Comeback!

Nach 10-jähriger Pause kehrte er aus finanziellen Gründen (George hat zehn Kinder – fünf Mädchen und fünf Jungen) in den Ring zurück. Mit seinem Namen konnte er immer noch viel Geld machen.
Und 1994 gelang ihm ein spektakulärer K.o. gegen den 26 Jahre jüngeren Weltmeister Michael Moorer, der ihn – 20 Jahre nach der Begegnung in Afrika – wieder an die Spitze brachte.
Er war wieder Weltmeister aller Klassen!
Mit 46 Jahren und 169 Tagen hält BIG George den Rekord als der bisher älteste Schwergewichtsweltmeister aller Zeiten!

Der Grillionär

Trotz seiner vielen Kinder, seiner Liebe zu Sportwagen und Schäferhunden wird er auf seiner Farm in Texas keine finanziellen Probleme haben. Mit dem Verkauf seiner George-Foreman-Grills wurde er zum “Grillionär” (selbstverständlich habe auch ich so ein Teil).

Er verkaufte später die Rechte für seine Grills für 138 Millionen US$.

Mehr in “BOX!”

Was BIG George über Kinshasa (und seinen umstrittenen WM-Sieg gegen den deutschen Herausforderer Axel Schulz) noch zu sagen hat, erfahrt ihr in “BOX!”